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Wachsen, über sich hinaus wachsen, über den Kopf wachsen?

  • dorfgartengrabs
  • vor 2 Tagen
  • 6 Min. Lesezeit

Unsere Einträge auf diesem Blog wurden in den letzten zwei Jahren deutlich weniger. Nicht weil es weniger zu berichten gäbe, oder wir nicht mehr so oft im Garten wären, sondern eher umgekehrt. Vieles ist gewachsen, zeitweise sind wir über uns hinausgewachsen und manchmal ist es uns über den Kopf gewachsen. Wo soll ich anfangen zu berichten?


Wer Bäume pflanzt, obwohl er weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen. “ Rabindranath Thakur


Nach einem Kurs im Waldgarten eines lieben Freundes in Österreich war mir schlagartig klar: Bäume müssen her, und zwar viele! So entstand im August 2022 die Vision eines Waldgartens am Mühlbach in Grabs. Diese sollten den Dorfgarten in der dritten Dimension ergänzen und die Gemeinschaftsgärtnernden mit Obst, Beeren, Nüssen und mehrjährigen Wildkräutern und Gemüsen versorgen. Ein kleiner aber feiner, essbarer Waldgarten eben.


Zeitgleich war eine bunt gemischte Arbeitsgruppe aus Handwerkern, Historikern, Architekten, Lehrpersonen, Dorfkundigen und Dorfinteressierten auf der Suche nach einer neuen Bleibe für ein über 350 Jahre altes, weitgehend im Originalzustand erhaltenes Haus in unserem Dorf - das Gässlihus. Dieses sollte am ursprünglichen Standort im oberen Teil des Dorfes abgerissen werden. Die Verbindung mit dem neuen Waldgartenprojekt im Dorfgarten schien allen perfekt, fehlten doch bisher für unsere Gemeinschaftstätigkeit im Garten Räumlichkeiten um zu verarbeiten, zu lagern oder auch einfach um gemütlich beisammen zu sitzen, wenn es draussen mal ungemütlich ist - und so kam das Gässlihus zum Mühlbach und in den Dorfgarten.


Gässlihus am alten Standort Gässli5
Gässlihus am alten Standort Gässli5

Rasant ging es in die Planung. Das Gässlihus wollten wir im ursprünglichen Zustand originalgetreu wieder aufbauen. Warum? Jedermensch, der die filigrane Handwerkskunst an diesem alten, vom Leben gezeichneten Haus sieht, weiss um den Wert dieses alten Zeitzeugen. Ausgeklügelte und sorgsam gefertigte, einfache Lösungen machten aus der Not eine Tugend. Keine Nägel? Kunstvolle Holzverbindungen. Keine abschliessbaren Türen? Interessante Holzriegel-Lösungen. Einbruchschutz? Entnehmbare Holzleisten in die Fenster eingearbeitet. Die Liste ist lang, das Staunen war gross (ok, manchmal wurde beim Wiederaufbau auch geflucht). Der Abbau des gesamten Hauses dauerte eine Woche, der Wiederaufbau des Kernbaus zwei Wochen. Danach folgten viele viele viele Arbeitsstunden unserer Schreiner und des Ofenbauers, die für jedes Problem eine Lösung fanden - chapeau! Was für eine Handwerkskunst, von dem gerade auch die Lehrlinge profitieren und lernen konnten. Solche Projekte gibt es ausser auf dem Ballenberg wahrscheinlich doch eher selten.


Originalgetreu heisst auch: keine Dämmung (ausser Schafwolle in den Ritzen), kein fliessendes Wasser und nur marginale Stromlösungen. Darum war schon früh klar, dass wir für unsere Dorfgarten-Aktivitäten einen wintertauglichen Anbau mit einer Gemeinschaftsküche und sanitären Anlagen anbauen möchten. So entstand aus dieser anfangs kleinen Idee dann ein ganz schön mächtiges, aber wunderschönes Stampflehmhaus, welches direkt über eine dämmende Glas-Schiebetüre mit dem Gässli verbunden ist.


Skizze Gässlihus mit Stampflehmbau
Skizze Gässlihus mit Stampflehmbau

Zukunftsfähiges Bauen?

Über den ganzen Bauprozess hinweg beschäftigten wir uns vertieft mit dem Thema «nachhaltig bauen», tatkräftig und motiviert unterstützt von unseren beiden jungen Architekten, welche sich ganz diesem Thema verschrieben haben. Und wirklich, es ist gar nicht so einfach. Überall steckt graue Energie drin, es ist die ständige Suche nach einem guten Kompromiss, nach der tragfähigsten Lösungen. Entscheidend wahrscheinlich, dass man sich all diesen Themen einmal stellt und ein Bewusstsein dafür entwickelt. Unser Grundsatz war es, weitgehend natürliche regionale Materialien zu verwenden, Stampflehm, Hanfkalk-Dämmung, Kalkputz, Holz. Darum haben wir uns zB. auch bei den Möbeln für massives heimisches Holz entschieden, auch für die Küche. Diese natürlichen Materialien werden alle leben und altern, so wie es uns das Gässlihus vorgemacht hat. Darauf lassen wir uns ein.


Wir waren in dieser gesamten Bauzeit umgeben von hervorragenden Handwerkern, Fachplanern, und vielen weiteren Beteiligten, welche alle mit voller Leidenschaft ihrem Beruf – oder ihrer Berufung – nachgehen. Was für ein Segen und was für ein unglaubliches Potenzial, wenn das zusammenkommt! Wir waren begeistert von der verantwortungsvollen Mitarbeit jedes und jeder Einzelnen! Ein Herzdank für die Energie, welche ihr in dieses Projekt gesteckt habt!

 

Die ursprüngliche Waldgarten-Idee

Ja und nebenbei entstand in dieser Bauzeit in den letzten zwei Jahren der kleine Waldgarten auf 1000 m2 und ein vielfältiges ebensogrosses Gartengelände mit Bauerngarten, Teichen, Trockenbächen, Hecken, Blumenwiesen, Ruderalflächen und einem Gartenhaus mit Mandaldach. Die Planung, welche ich für mein Permakulturdesign-Diplom erarbeitet hatte, wurde durch die Expertise unseres Wasserbauers und vor allem auch durch den hervorragenden Landschaftsgärtner ergänzt, erweitert, auf die Gegebenheiten während dem Bauprozess angepasst und mit einem Höchstmass an Flexibilität umgesetzt. Denn der Anspruch war: wir arbeiten weitestgehend mit dem, was wir vor Ort haben. Und das sind vor allem – Steine 😊


Die Geländearbeiten gingen Hand in Hand mit den Pflanzungen der verschiedenen Bereiche – dafür war ich zuständig und hatte immer wieder Hilfe von meinem Mann, den Gemeinschaftsgärtnern, den Gartenfreaks (das sind die grossen Gartenkinder) und manchmal auch von lieben Freunden. Die "Initialpflanzung" der Baumreihen konnten wir mit 14 Menschen anlässlich eines Pflanz-Workshops machen. Die meiste Zeit aber geniesse ich den Waldgarten und das darin herumwuseln ganz alleine. Wenn die Vögel in den Bäumen zwitschern und es rund um mich herum summt, brummt, kreucht und fleucht, dann ist es mir wohl und irgendwie nie zuviel Arbeit.


Frisch angelegter Waldgarten mit Sonnenfalle und Blick auf das Mühlbach-Gässli
Frisch angelegter Waldgarten mit Sonnenfalle und Blick auf das Mühlbach-Gässli

Das Ende naht – Der Anfang steht bevor!

Und nun - Es ist fast fertig! Zeit zurückzuschauen und nach vorne zu blicken. Beides mit Freude und mit Demut. Was für ein Privileg, so ein Projekt überhaupt umsetzen zu dürfen. Was für ein Glück, auf so viele fachliche Unterstützer zählen zu dürfen und so viel Wohlwollen und Interesse dafür zu spüren. Und was für eine Aufgabe, dies alles zu koordinieren und nun auch dauerhaft zu beleben. Ich weiss manchmal nicht, ob die Füsse kälter oder der Schweiss heisser ist. Es ist ein grosser Töff, hat meine Tutorin auf dem Weg zum Permakultur-Diplom einmal zu mir gesagt. Ich verstehe es erst jetzt, wenn es da ist und es losgehen darf und soll.


Ja, was soll die Zukunft für das Gässlihus bringen? Leben! Das wünschen wir uns. Es soll belebt sein. Wir haben viele Ideen und lassen es langsam angehen. Zusammen mit einigen Freunden haben wir für die Startzeit verschiedene Angebote erarbeitet, womit wir das Gässlihus und den Dorfgarten für viele Menschen zugänglich machen möchten. Michaela mit Amelja wird hier ab und an aktiv sein, Alexandra vom Wurzelwerk und Sandro GrafschafftPermakult bereichern das Jahresprogramm mit ihren Talenten. Es soll für jeden etwas dabei sein:

 

GemeinsamTun In ungezwungener Atmosphäre gemeinsam werkeln, Ernte verarbeiten, Brot backen, Kleider flicken, Gemüse anbauen, Kompost schichten, Lebensraum für Tiere bauen, jäten, Gartenkindprojekte… Und was hast du für Ideen?


Veranstaltungen Waldgarten-Spaziergänge, Lagerfeuer-Geplauder, Vorträge zu Permakultur und Garten, Dorfgartenbrunch, PopUp Kino «Filme für die Erde», Sonnenwendfeuer, Erzählabende… und was hast du für Ideen?


Kurse und Workshops Gemüsegarten, Kräuter verarbeiten, kreatives mit Gartenmaterial, Pflanzenfarben, korben, spinnen, Lehmbau, Saatgut, Wildkräuter, Schulgarten, Geschenke aus dem Garten, Gartenkochereien…. und was hast du für Ideen?

 

Yoga im Rüümli

Zusätzlich zu diesen sporadischen Angeboten finden regelmässige Aktivitäten im oberen Stock des Lehmbaus statt. Nicole Lippuner zieht im August mit ihrem «Yoga im Rüümli» in das Mühlbach-Gässli – wir freuen uns so darauf! Ein vielseitiges Angebot erwartet euch bei Nicole. Yoga in überschaubaren Gruppen oder in Privatstunden in wunderschönem Ambiente mit Blick in den jungen Waldgarten, in einem Haus aus Lehm, Kalk und Holz. Nicole ist Yogalehrerin, Yogatherapeutin und versteht die Kunst der Thai-Yoga-Massage. Ausserdem hat sich intensiv mit Ayurveda beschäftigt und bietet Beratungen und Coaching an – pssst, vielleicht kocht sie einmal ayurvedisch mit uns in der Gemeinschaftsküche?

 

B&B Gässlihus

Für alle, welche einmal schlafen und leben möchten wie vor 350 Jahren, der kann das B&B Gässlihus buchen – für ein Wochenende oder eine Ferienwoche. Dort schlaft ihr in einem Originalbett von 1820 und sitzt auf der Stubenbank vom 18. Jahrhundert. Insgesamt stehen 6 Betten in 3 Zimmern zur Verfügung. Der Nachthafen und der Waschtisch stehen bereit, für alle, die den Gang zum Brunnen und zum Kompost-WC im Halbschlaf scheuen. Denn Balken gibt es viele, unten wie oben und den Kopf muss man da schon mal ordentlich einziehen. Aber uurig!


PS: Die moderne Gemeinschaftsküche und das Badezimmer mit Dusche, Lavabo, WC und Waschmaschine stehen unseren Gästen natürlich auch zur Verfügung. Für weitere Infos und Buchungen nehmt gerne mit uns Kontakt auf, bis die Webseite für das Gässlihus fertig ist (under construction).



Übrigens: Wer das Gässlihus einfach mal ohne Übernachtung erleben will: In der Nebenstube gibt es einen Bücherschrank und einen bequemen Sessel. Man darf sich einfach einmal einen Tee in der alten Küche brauen (für den Teekocher reicht der Strom) und gemütlich eines der interessanten Bücher rund um Permakultur, Garten und Nachhaltigkeit lesen.

 

Legen wir los?

Ich freue mich sehr auf die ersten Anlässe im Mühlbach-Gässli:



Ausserdem findet am 24. Mai ein DIY-Kurs mit Sandro statt - er zeigt, wie man mit kleinem Budget und Upcycling selbst ein cleveres Gewächshaus à la Permakultur baut.

Diese Kurse und Veranstaltungen lege ich dir gerne ans Herz und bin gespannt, ob etwas für dich dabei ist! Unsere Jahresübersicht aller Angebote findest du hier. Es finden ab sofort regelmässig Kurse, Workshops, Veranstaltungen und viele Möglichkeiten zum GemeinsamTun statt!


Wenn du gerne über unsere aktuellen Veranstaltungen informiert werden möchtest, abonniere gerne unseren Blog. Hier werden wir immer wieder einen Überblick über kommende Veranstaltungen geben und von unseren Aktivitäten erzählen. Künftig wieder etwas mehr als nur einmal im Jahr 😊

Bis ganz bald im Dorgarten mit dem Mühlbach-Gässli

Eure Isabelle


Mit Herzdank an

Allen+Crippa, Egga Holzbau, Schreinerei Stricker, Ofenbau Frick, Gebrüder Beck, Kobler Energie, Feutz Gebäudetechnik, Gebrüder Hermann, Schwendener AG, sWerk, Aquaplant, Hortus Natur und allen, die in irgendeiner Weise zum Gelingen dieses aussergewöhnlichen Projektes mitgewirkt haben.


"Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile." Aristoteles



 

 

 

 

 
 
 

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